Über Poetry Slam

Was zur Hölle ist Poetry Slam und wieso gibt es dafür Meister:innenschaften?

Poetry Slam ist ein Wettbewerb der Bühnendichter:innen, die sich die Bühne teilen, um ihre Texte einem Publikum so aufregend, so mitreissend, so laut und schnell wie nötig und so einfühlend und zuckersüss wie möglich vorzutragen. Das Publikum seinerseits erhält die Jurymacht und bestimmt (entweder im Kollektiv über die Lautstärke des Applauses, oder in Form ausgewählter Publikumsjuror:innen), wer den Abend gewinnt.

Die Poetry Slam Meister:innenschaften (oder CH-Slam) sind der wichtigste Anlass im Jahreskalender der immer noch jungen, aber nicht mehr aus der Schweizer Kulturlandschaft weg zu denkenden Poetry Slam Szene. Die Meister:innenschaften sind sportlicher Wettbewerb, Kulturfestival, Szenekongress und wilde Party in einem – die Stadt, welche die Meister:innenschaften ausrichten darf, verwandelt sich für ein Wochende im Jahr zur Hauptstadt der Schweizer Bühnenliteratur.

Seit ihren Anfängen in den verrauchten Kellerklubs der Nullerjahre hat sich die Slamszene zum unverzichtbaren Nachwuchsbecken der Schweizer Comedy-, Kabarett- und Literaturszene gemausert – kaum ein Star dieser Szenen ist nicht über die Slambühnen gegangen: Pedro Lenz, Hazel Brugger, Patti Basler, Kilian Ziegler, Renato Kaiser, Lara Stoll, letztere ist nicht nur zufällig auch Kuratorin des Casino Slams sowie Mitorganisatorin der Schweizer Meister:innenschaften in Winterthur – der ersten Stadt, übrigens, welche die Meisterschaften bereits zum dritten Mal ausrichten darf.

 

Wie funktioniert ein Poetry Slam?

Bei einem Poetry Slam treten Dichter:innen mit selber geschriebenen Texten im sportlichen Wettbewerb gegeneinander an. Sie haben dabei 6 Minuten Zeit, eine aus dem Publikum gewählte Jury von sich zu überzeugen – sie dürfen sich dabei jeder sprachlichen Form und jeder Sprache bedienen (auch wenn naheliegenderweise in der Deutschschweiz Hoch- und Schweizerdeutsch die häufigsten Sprachen sind), aber keine Kostüme, Requisiten oder Begleitmusik zur Unterstützung des Vortrags einsetzen – es ist schliesslich Poetry Slam und nicht Kleintheater. Und Texte sollen grundsätzlich überwiegend gesprochen sein und nicht gesungen – wie es das Moderationsduo Patrick Armbruster und Etrit Hasler im Casinotheater jeweils betonen: «Gesungen wird in der Karaokebar – und da geht man erst nach dem Slam hin.»

Bewertet werden die Poet:innen dabei vom Publikum, nach verschiedenen Abstimmungssystemen – an den Meister:innenschaften in Winterthur werden in den meisten Runden eine zufällig aus dem Publikum gewählte Jury Punktnoten von 1-10 analog zum Eiskunstlauf verteilen, in den Finalrunden bestimmt jeweils das ganze Publikum mit der Lautstärke seines Applauses über Weiterkommen und/oder Sieg. Im Einzelfinal wird dabei (gleich wie an den Slams im Casinotheater) im sogenannten Cup-System vorgegangen; das bedeutet, dass die acht Qualifizierten aus den Vorrunden im KO-System jeweils in Zweierpaarungen gegeneinander antreten, bis der Sieger, die Siegerin gekürt ist.

 

Was gibt es eigentlich zu gewinnen?

 Die einfache Antwort wäre: Ru(h)m und Ehre. Siegespreise mit materiellem Wert sind komplett tabu – der Wettbewerb wird vor allem zur Unterhaltung des Publikums und zum freundschaftlichen «Ellbögle» mit den Szenekolleg:innen inszeniert.

Aber natürlich: Mit der medialen Aufmerksamkeit in den letzten Jahren hat die Schweizer Meister:innenschaft eine enorme Bedeutung gewonnen: Die Liste der Schweizer Meister:innen liest sich nicht umsonst wie das «who’s who» der Schweizer Comedy- und Kabarettszene: Lara Stoll, Gabriel Vetter, Renato Kaiser, Hazel Brugger, Christoph Simon, Remo Zumstein, Dominik Muheim, Kilian Ziegler, Marco Gurtner, Samuel Rychner, Moët Liechti, Valerio Moser, Manuel Diener, Laurin Buser, Fatimah Moumouni, Fine Degen und Lisa Christ durften alle schon den Titel in den verschiedenen für sich beanspruchen. Der grösste und wichtigste Siegpreis der Meister:innenschaft ist es denn auch: In einem Atemzug mit diesen Künstler:innen genannt zu werden.